Unter einem myelodysplastischen Syndrom (MDS) versteht man eine hämatopoetische (d.h. die Blutbildung betreffende) Stammzellerkrankung. Der Name wird aus dem Griechischen abgeleitet: myelos (= Mark) und dysplasia (= Missbildung). Ein pathologischer Klon der hämatopoetischen Stammzelle weist einen Wachstumsvorteil auf, wodurch die normale Blutbildung gestört ist bzw. vollständig verdrängt wird.1
Myelodysplastische Syndrome sind seltene Erkrankungen: Die Inzidenz beträgt etwa 4 Fälle pro 100000 Personen pro Jahr über alle Altersklassen. Es erkranken vorwiegend ältere Menschen (im Mittel: 75 Jahre), ab 60 Jahren steigt die Inzidenz sprunghaft an. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen, was auf eine höhere berufliche Exposition gegenüber Noxen (z.B. Chemikalien oder radioaktive Strahlung) zurückgeführt wird. Bei Frauen ist jedoch ein bestimmter MDS-Subtyp (del(5q)) häufiger. Nach einer Chemo- und/oder Strahlentherapie können ebenfalls therapieassoziierte myelodysplastische Syndrome (ca. 10 %) auftreten.1,2
Zu Erkrankungsbeginn ist das myelodysplastische Syndrom in vielen Fällen symptomarm und wird als Zufallsbefund detektiert. Die häufigste Erstmanifestation ist in ca. 70-80% der Fälle eine Anämie (Blutarmut), die oftmals bei einer Routineuntersuchung auffällt. Diese bewirkt bei einem relevanten Teil der Patienten eine Einschränkung der Lebensqualität, erhöht die Sturz- und Frakturgefahr und führt zu einer verminderten Kognition. Bei Anämien sind Erythrozytentransfusionen und/oder hämatopoetische Wachstumsfaktoren indiziert, durch die entstehende Eisenüberladung wird ggf. eine Therapie mit Eisenchelatoren (Eisenbindern) notwendig. Im Verlauf der Erkrankung zeigen sich Symptome wie Abgeschlagenheit, Kraftlosigkeit, Herzrasen, eine erhöhte Infektanfälligkeit und eine erhöhte Blutungsneigung. Die Therapieoptionen richten sich nach dem Erkrankungsstadium, dem Patientenalter und den Komorbiditäten und beinhalten eine Stammzelltransplantation, Chemotherapien, immunmodulatorische oder immunsuppressive Substanzen.1,2
1 Hofmann et al. Onkopedia Leitlinie Myelodysplastische Syndrome (MDS). Stand März 2021. Verfügbar unter: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/myelodysplastische-syndrome-mds/@@guideline/html/index.html (Download am 31.05.2022)
2 Giagounidis A & Germing U. Myelodysplastische Syndrome. DGIM Innere Medizin, 21.04.2015.